Mega-Ministerium im Entstehen

Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler: "Fürchten muss sich niemand!"
© BKA/Andy Wenzel

Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) holt sich Unterstützung für die Führung ihres Megaressorts und macht Sektionschef Herbert Kasser zum Generalsekretär. Die genaue Struktur des neuen Superministeriums ist noch in Arbeit. Es wandern jedenfalls zwei Sektionen und einige Gruppen aus dem bisherigen Landwirtschaftsministerium zu Gewessler, erklärte die Ministerin im APA-Interview.
Damit wird das für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständige Ministerium vermutlich sechs oder sieben Sektionen haben. Kasser, der die Sektion Infrastrukturplanung und -finanzierung, Koordination leitet, bleibt gleichzeitig auch weiter Sektionschef. Sie habe sich bewusst dafür entschieden, keine politische Besetzung vorzunehmen, sondern jemanden aus den Reihen der Sektionschefs zu nehmen, sagte Gewessler. ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner wird einen eigenständigen Aufgabenbereich haben. Welche Themen er übernehmen wird, sei aber noch in Abstimmung.
In der Organisationsstruktur des Ministeriums wird sich auch ein spezieller Schwerpunkt Gewesslers widerspiegeln: die aktive Mobilität. Sie will eine eigene Organisationseinheit für Fahrradfahrer und Fußgänger installieren. Im Regierungsprogramm ist eine Besserstellung dieser Gruppe in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und im Straßenraum vorgesehen.
Die Regierung hat sich aber natürlich mehr als nur das vorgenommen. Erstmals seien die zentralen Hebel Mobilität, Energie, Innovation und Technologie in einer Hand, unterstrich Gewessler. Besonders dringlich seien Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes, dazu zählten unter anderem die NoVa, die Pendlerpauschale, die Flugticketabgabe – und die Rücknahme des FPÖ-Projekts Tempo 140. Zur Dekarbonisierung im Verkehrsbereich habe die Regierung viele Maßnahmen geplant, denn “der Verkehr ist bei der CO2-Bilanz das Sorgenkind”, bekräftigte Gewessler, und dass auch die Abschaffung des Dieselprivilegs Teil der Überlegungen sei und innerhalb der Regierung debattiert werde, wurde von ihr bestätigt.
Die Aussage von Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), wonach das Dieselprivileg bleiben werde, sei in Hinblick auf die kleinstrukturierte Bauernschaft in Österreich gefallen. Es gebe in den Regionen unterschiedliche Gegebenheiten, die man berücksichtigen werde. Die ökosoziale Steuerreform werde Lenkungswirkung haben und gleichzeitig sozialgerecht sein. “Wir werden sehen, was sinnvoll ist.”
Nach der Finanzierung der zahlreichen Vorhaben der Regierung im Umweltbereich gefragt, sagte Gewessler, dass es “verschiedene Varianten gibt”. Das Geld zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs werde etwa aus dem Budget kommen. Auf der anderen Seite geben es Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung, etwa im Energieeffizienzgesetz oder über die Zweckwidmung der Auktionserlöse aus dem ETS (EU-Emissionshandelssystem).
“Was uns am meisten kostet, ist kein Klimaschutz”, verwies die Ministerin auf “Milliardenkosten für den Kauf von Emissionszertifikaten, Klimawandelfolgeschäden und zerstörte Existenzen”. “Das sind die wahren Kosten des Klimawandels.” Klimaschutz sei dagegen ein Investitions- und Konjunkturprogramm.
Wer die Verlierer dieser Umwälzungen sein werden, beantwortete Gewessler nur allgemein: “Es gibt Veränderungsbedarf und Brachen, die sehr stark von fossiler Energie abhängen, haben einen größeren Veränderungsbedarf. Fürchten muss sich niemand!”
Auf Skeptiker, die von “Klimahysterie” und “Zöpfchen-Diktatur” reden, angesprochen, verwies Gewessler auf wissenschaftlich belegte Tatsachen. “Auf der sachlichen Ebene ist es vollkommen klar, aber selbst, wenn ich mit der sachlichen Ebene nichts anfangen kann, bekomme ich durch Klimaschutz saubere Luft, mehr Raum für die Menschen, mehr Lebensqualität, einen besseren öffentlichen Verkehr.”
Dass durch Klimaschutz Jobs vernichtet werden, lässt die Ministerin nicht gelten. Alleine im Bereich der E-Mobilität können in den nächsten Jahren 34.000 neue Jobs geschaffen werden. “Es gibt viele Chancen und viele Potenziale für die Wertschöpfung und Arbeitsplätze für die Zukunft.” Gewessler verwies auf Studien, wonach die Wertschöpfung und das Wachstum mit Klimaschutz viel größer seien als im Business-as-usual-Szenario. “Es ist ein Weg in Richtung mehr Lebensqualität, mehr soziale Gerechtigkeit und in Richtung zukunftsfähiger Wirtschaft. Und da wollen wir gerne bei den Ersten, bei den Innovationsführern dabei sein.”
APA/red
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