„Durch den Rost gefallen“

Wenn Lukas Resetarits ein Sager entschlüpft der historisch belastet ist und Armin Wolf darauf nicht reagiert, gibt‘s Diskussionen und Kontroversen.
© ORF

Lukas Resetarits wohl in der Hitze des Gefechtes, unbedacht, nicht ahnend, was er da loslässt

Als Montagabend dieser Woche Lukas Resetarits einen Wut-Auftritt im ORF hinlegte und die grüne Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek mit deftigen Worten kritisierte, war eines klar: in solchen Momenten setzt Armin Wolf sein Schmeichelgesicht auf. Kritische Anmerkungen kommen da keine mehr. Ist ja auch kongruent mit der Ansicht des sich selbst für so wichtig nehmenden Moderators, der in solchen Momenten dann aber auch gerne auf seine Aufgabe als Anchorman des ORF vergisst: Denn als Lukas Resetarits (wohl in der Hitze des Gefechtes, unbedacht, nicht ahnend, was er da loslässt) der Sager „durch den Rost gefallen“ entschlüpft, beutelt es die Mehrzahl der Zuseher vor dem Fernsehschirm ganz ordentlich durch. So auch ExtraDienst-Herausgeber Christian W. Mucha, der gespannt darauf wartet, dass Wolf diese Entgleisung – im Sinne des Auftrages und einer sauberen Sprache im ORF – klarstellt, zurechtrückt und gerne auch mit höflichen Worten moniert. Doch nichts von alledem. Wolf lässt sich „sein“ Interview von solch einer Lappalie (denn anders kann er es nicht gesehen haben, wenn er nicht darauf reagiert) nicht zerstören. Der Beitrag – wiewohl aufgezeichnet – geht unkommentiert online.

Heftige Reaktionen

Erst das Facebook-Posting von Mucha löste dann über 400 Kommentare aus. Prominente wie Marika Lichter, Agenturchef Michael Kapfer oder Staranwalt Dr. Georg Zanger sind entsetzt. So postet Zanger auf Facebook: „Univ. Prof. Dr. Ruth Wodak schrieb schon im Jahr 2000: Es gibt im Alltagsdiskurs auch unbewusst verwendete Rassismen und Ausgrenzungen bzw. auch gedankenlose oder auf Unkenntnis beruhende Wahl von NS-Jargon („durch den Rost fallen“, „bis zur Vergasung“, usw.). Solche Wendungen sind in der Nazizeit schon in den öffentlichen Diskurs eingegangen und werden unbedacht und unreflektiert weitergegeben und gebraucht. Laut dem Leitfaden für einen nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch des österreichischen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sollen solche Wendungen nicht mehr verwendet werden.“
Und auch im Print findet die Sache Widerhall. So berichtet „Österreich“: „Tatsächlich stammt die Formulierung aus dem Mittelalter – sie bekam aber durch die Ermordung von 6 Millionen Juden durch die Nazis eine neue Bedeutungsdimension und sollte heutzutage keinesfalls mehr benutzt werden.“
Für Christian W. Mucha ist die Diskussion, bei der auch viele – laut Mucha bedauerlicherweise – den Sager verharmlosen – eine wichtige Bereicherung: Der ED-Verleger: „Ich finde die hitzige Diskussion toll. So viele Leute sind plötzlich für Verbalentgleisungen sensibilisiert und denken erstmals über die wahre Bedeutung von gewissen Formulierungen nach. Ich habe diese Lektion vor zirka 10 Jahren gelernt: mir bis dahin bei Sätzen wie „durch den Rost gefallen“ nicht viel dabei gedacht. Heute bin ich sensibilisiert und suche nach besseren, sauberen und eleganteren Formulierungen. Und wenn nur 10 Leute durch diese Diskussion dazu auch sensibilisiert werden, dann ist die Übung gelungen.
 

Beitrag in “Österreich” am 13.5.2020

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