„Wir haben den Schwarzwald wieder hip gemacht“

Interview mit dem Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus Gesellschaft.
© MG Mediengruppe

Der österreichische Tourismus-Experte Thorsten Rudolph verhalf der Region Hochschwarzwald zu einem neuen Image. Im Gespräch mit FM-Herausgeber Christian W. Mucha erklärt er seine Stategien

Thorsten Rudolph, Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus Gesellschaft, über touristische Erfolge und die eigens erfundene VIP-Karte für Urlaubsgäste.
FM: Der Hochschwarzwald ist die beliebteste Ferienregion im Schwarzwald. Der wiederum zu den bedeutendsten Tourismusregionen Deutschlands zählt. Allein die Dichte der Hotel- und Gastronomiebetriebe ist beeindruckend. Warum ist die Destination so attraktiv?

Thorsten Rudolph: Der Schwarzwald und der Hochschwarzwald sind wieder „in“. Unsere Zielsetzung war, ihr verstaubtes Image abzulegen. Das ist gelungen. Also: Weg vom Bild, welches man von der Operettenverfilmung „Das Schwarzwaldmädel“ aus dem Jahr 1950 lange von der Region hatte. Hin zu einer Verjüngung. Dazu haben viele Maßnahmen beigetragen. Wir haben beispielsweise die Schwarzwaldmotive modernisiert. Auch Models mit Tattoos und Piercings werden heute gezeigt. Künstler der Region brachten sich ebenfalls ein: wie Stefan Strumbel mit seinen bunten Kuckucksuhren. So haben wir den Schwarzwald gemeinsam hip gemacht. Die Region hat sich generell verändert. Aber der Hochschwarzwald hat deshalb seine Wurzeln nicht aufgegeben. Das Verwurzelte gibt auch unsere Marke wieder: mit selbstbewussten und offenherzigen Menschen in der idyllischen und ursprünglichen Natur.
FM: Was macht die Region aus Ihrer Sicht aus?
Rudolph: Im Hochschwarzwald haben wir eine Höhenlage von 1000 Metern im Schnitt. Wir sind eine Höhenklimaregion, haben Heilklima-Kurorte. Der Aufenthalt hier ist unheimlich regenerativ. Die traditionellen Angebote paaren wir mit neuen Produkten und Ideen. Und mit vielen Kultur- und Sportveranstaltungen. Auch auf Weltcup-Niveau. Viele wissen nicht, dass der Hochschwarzwald die Heimat des Skisports ist. Wir hatten 1891 den ersten Skiklub Mitteleuropas hier. Warum? Weil der Franzose Dr. Robert Pilet aus Norwegen Skier mitgebracht hat. Die Postleute nutzten sie, um von Haus zu Haus zu gehen. Auch am Feldberg sind sie dann damit gefahren. Die Leute haben das gesehen und waren so begeistert, dass sie Skifahren zu ihrem Freizeitsport machen wollten. Wir hatten 1908 den ersten Skilift der Welt im Hochschwarzwald. Im Schollachtal.

FM: Als unbedarfter, erstmaliger Schwarzwaldbesucher sind mir vor allem die Schwarzwälder Kirschtorte, die Schwarzwälder Kuckucksuhren und die Schwarzwaldklinik ein Begriff gewesen. Wird das im touristischen Marketing genutzt?
Rudolph: Die „Schwarzwaldklinik“ sagt eher nur den älteren Leuten heute noch etwas. Die Bekanntheit durch die Serie hat der Region früher sicher viel gebracht. Heute hat sie eher ein verstaubtes Image. Die Kuckucksuhr hingegen ist nach wie vor ein wesentliches Marketinginstrumentarium im internationalen Bereich. Wir sehen das immer wieder bei unseren weltweiten Verkaufsbemühungen. Und wir haben viele Imagekampagnen gemacht, bei denen die Kuckucksuhr im Mittelpunkt steht. Auch unser Logo, unsere Marke basiert auf ihr. Ich sage immer: Die besten Uhren haben die Schweizer. Aber die bekanntesten Uhren haben die Schwarzwälder. Ihre Tradition geht bis ins 17. Jahrhundert zurück.
FM: Und die Torte?
Rudolph: Auch die Schwarzwälder Kirschtorte ist weltweit bekannt. Wenn die Gäste am Titisee sitzen, mit dem Feldberg im Hintergrund, und die Torte genießen, so verkörpert das das Schwarzwald-Image. Auch zur sogenannten Goldküste zieht es die Besucher: eine Strandpromenade mit zahlreichen Shops, wo man Kuckucksuhren, Schwarzwälder Kirschtorten und vieles mehr bekommt.
FM: Wie definiert sich der Hochschwarzwald heute touristisch?
Rudolph: Insgesamt sind 16 Orte Mitglied bzw. Gesellschafter bei der Hochschwarzwald Tourismus Gesellschaft. Das entspricht 1500 Betrieben mit 30.000 Betten. Und 4 Millionen Übernachtungen. Wir haben einen touristischen Umsatz von rund 550 Millionen Euro. Und damit eine Wertschöpfung von 250 Millionen pro Jahr. Ankünfte zählen wir etwa eine Million im Jahr. Mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von vier Nächten.

Parkhotel Adler
Der Hochschwarzwald bietet bietet ein beeindruckendes Angebot an Hotellerie und Gastronomie, hier das luxuriöse Parkhotel Adler

FM: Der wichtigste Gast ist der deutsche Inlandsgast?
Rudolph: Ja, 65 Prozent entfallen auf Inlandsgäste. Davon sind 40 Prozent aus Baden-Württemberg. Danach kommt das Saarland, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Essen. Bei ausländischen Gästen ist die Schweiz die Nummer eins. Mit zirka 500.000 Übernachtungen. Nummer zwei ist Israel mit 135.000, Nummer drei Frankreich mit 134.000 und Nummer vier Holland mit 120.000 Übernachtungen.
FM: Israel findet sich auf Platz zwei – wie kommt das?
Rudolph: Wir waren vor acht Jahren auf einer Messe in Israel. Und haben dort unsere Region und die Hochschwarzwald Card präsentiert. Damit haben wir das Interesse der Israelis geweckt, die Ruhe im Grünen suchen und gleichzeitig etwas erleben wollen. Man kommt von uns zum Beispiel ja ganz schnell nach Frankreich und in die Schweiz. Und mit der Hochschwarzwald Card können die Gäste jeden Tag unter über 100 Attraktionen wählen. Und sie gratis nutzen. Das hat die Israelis angesprochen. Sie haben ein gutes Netzwerk: Wenn einem etwas gefällt, wissen das schnell 100.000 andere. Eine israelische Journalistin, die im Winter erstmals im Hochschwarzwald war, hat in einer Illustrierten geschrieben: Das ist die tollste Familiendestination der Welt. Seither rennen sie uns die Bude ein.
FM: Wie rekrutiert sich das Budget?
Rudolph: Wir haben vor zehn Jahren begonnen, die Tourismusorganisation aufzubauen. Damals hatten wir ein Budget von zehn Gesellschaftergemeinden von 1,2 Millionen Euro. Heute haben wir ein Budget von 13,5 Millionen. Welches wir mittlerweile zu 77 Prozent selbst finanzieren. Mittels eigener Veranstaltungen und verschiedener Geschäftszweige.
Dazu zählen z.B. unsere Kuckucksnester. Das sind moderne Luxusferienwohnungen. Oder die Hochschwarzwald Card. Nur mehr 23 Prozent kommen aus Fremdfinanzierung.
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