Immer bereit, das Äußerste zu geben

Dr. Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, im Gespräch mit Christian W. Mucha über den Kampf um Entscheidungen und den gelebten Optimismus für eine erfolgreiche Saison 2021.
© Salzburger Festspiele

Dr. Helga Rabl-Stadler: „Die Festspiele haben einen ungeheuren wirtschaftlichen Effekt auf die Region“

Die Diskussion über ihren wirtschaftlichen Nutzen begleitet die Festspiele schon von ihren Anfängen an. Max Reinhardt gelang es, die Salzburger zu ihrem Glück zu zwingen. Er versprach 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, in seiner „Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn“ für den Fall der Festspielgründung positive künstlerische und ökonomische Auswirkungen: „Die Errichtung eines Festspielhauses in der schönen und beliebten österreichischen Heimat wird für diese selbst, und zwar nicht allein für die künftige Festspielstadt Salzburg, sondern für erheblich weitere Kreise der Erblande unseres erhabenen Kaiserhauses von außerordentlicher Bedeutung sein.“ Aus heutiger Sicht könnte man sagen: Die Salzburger Festspiele waren ein visionäres Start-up-Unternehmen, das nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs gezeigt hat, was man mit Idealismus, Kreativität, Beharrlichkeit und Mut erreichen kann. Und die Festspiele waren immer wichtig für den Tourismus.
FM: Der Tourismus ist generell ein Wirtschaftsmotor. Was bewegt er? Und wer bewegt ihn?
Helga Rabl-Stadler: Der Kulturtourismus war natürlich bisher eine wunderbare Geschichte. Es ist wahrscheinlich für ein Bundesland angenehmer, wenn der Wirtschaftsmotor ein Kunstbetrieb und keine Industrie mit Umweltproblemen ist. Die nunmehrigen Reisebeschränkung haben auch für Salzburg vieles ins Wanken gebracht. Denn wir haben bei den Festspielen Gäste aus 80 Ländern, davon 35 nichteuropäische. Dass diese Menschen jetzt nicht kommen können, trifft alle hart. Und daher wird sich auch unser Bundesland nicht so schnell erholen. Wir stehen zudem vor einer sehr problematischen Wintersaison und hoffen, diese durch äußerste Disziplin gut absolvieren zu können.
FM: Nun muss man wissen, dass das Salzburger Stadtverkehrsamt als wesentlichen Pfeiler den Kongresstourismus hat. Die Kongresse sind perdu. Der Direktor hat mir gesagt, dass in diesem Bereich alles weg ist. Und damit sind natürlich auch Löwenanteile der Budgets weg. Wer deckt das ab, wenn’s finanziell einknickt?
RS: Es gibt ein Festspiel-Gesetz, wonach das beschlossene Budget mit seinem Defizit von der Öffentlichen Hand abgedeckt werden muss. Wir haben alles sehr gut durchkalkuliert und ich hoffe, wir schaffen es. Ich bin ein unverbesserlicher Optimist und glaube, dass es im nächsten Jahr im Sommer besser sein wird. Denn in der warmen Jahreszeit wirkt das Virus schwächer und es wird hoffentlich eine Impfung geben beziehungsweise eine Behandlung.
FM: Und das heurige Jahr?
RS: Heuer haben alle ihr Äußerstes gegeben und Intendant Markus Hinterhäuser ist es gelungen, alle Künstler zu bekommen, die er wollte.
FM: Haben Sie trotzdem aufgrund der Corona-bedingten Limitierungen und der Abstandsregelungen ein Defizit eingefahren?
RS: Ja. Da natürlich weit weniger Besucher kommen durften als üblich.
FM: In welchen Dimensionen bewegen sich Besucherschwund und finanzielle Einbußen?
RS: Wir hatten heuer 76.000 Besucher statt üblicherweise 240.000. Und statt 30 Millionen Euro an Karteneinnahmen nur 8,5 Millionen. Man muss kein Mathematik-Professor sein, um zu wissen, dass man das nicht mehrere Jahre durchhalten kann.
FM: Wie viele Jahre wird Sie das belasten?
RS: Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten.
FM: Gibt es Reserven, die Sie angelegt haben?
RS: Wir können einige Zeit durchhalten. Vor allem auch, weil alle Sponsoren und alle Mäzene bei uns geblieben sind. Darüber bin ich sehr, sehr glücklich.
FM: Wer waren die wichtigsten Sponsoren des heurigen Jahres?
RS: Siemens, Audi, die Kühne Stiftung und Rolex als Hauptsponsoren, Uniqa und Raiffeisen sowie Stiegl und Schlumberger als Projektsponsoren. Das nächste Jahr wird aber eine große Herausforderung. Wir hoffen, dass wir wieder voll bestuhlen können. Denn sonst wird’s finanziell doch sehr eng.
Von Christian W. Mucha
Lesen Sie den gesamten Artikel in der aktuellen FM-Ausgabe
FM Jahres-Abonnement zum Vorzugspreis hier bestellen>>

Gefällt Ihnen der Beitrag?
Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram
WhatsApp
Email
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner