Gastro-Öffnung – Zwischenbilanz

Haubenwirt Floh: "Diese Angstmacherei ist unser größter Feind".
© Pixabay

Eine Woche nach der lang ersehnten Wiederöffnung der heimischen Gastronomie nach dem Lockdown wegen der Coronavirus-Pandemie ist die erste Zwischenbilanz noch eine durchwachsene. Vor allem in großen Städten tun sich die Restaurants und Cafés noch schwer. Es fehlt der Tourismus ebenso wie der Kulturbetrieb und zusätzlich wird das Mittagsgeschäft durch das weitverbreitete Home Office beeinträchtigt.
Gerade in der Bundeshauptstadt Wien kommen all diese Komponenten besonders zusammen. Peter Dobcak, Gastronomie-Obmann der Wirtschaftskammer Wien, fasst die erste Gastro-Woche in einem Wort zusammen: “Ernüchternd. Aus verschiedenen Gründen: Das Social Distancing und das gemeinsame Bemühen, keine zweite Welle aufkommen zu lassen, ist in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Das ist deutlich zu bemerken”, sagte Dobcak am Freitag zur APA – Austria Presse Agentur. Zudem sei die wirtschaftliche Situation für sehr viele Menschen schwierig, und einige hätten sich wohl auch daran gewöhnt, dass man “vielleicht auch daheim gut kochen kann”.

1. Bezirk leidet

In Wien leidet vor allem der 1. Bezirk. “Die Innenstadt ist im Verhältnis zu vor einem Jahr faktisch noch immer tot. Aus zwei Gründen: weil die Touristen fehlen und viele Unternehmen radikal auf Home Office umgestellt haben und das auch in großem Ausmaß beibehalten wollen”, so der WKW-Obmann für den Gastrobereich. Daher müsse sich gesamte Mittags-Gastronomie umstellen und mehr Konzentration auf Lieferservice legen. Weiters falle die Nachtgastronomie noch komplett aus.
Einige Lokale haben deswegen entweder wieder geschlossen oder eben noch nicht offen. So hat etwa das Cafè Museum in der Operngasse wieder zugesperrt.
Im Traditionscafé “Rüdigerhof” im 5. Wiener Bezirk ist Geschäftsführer Mentor Halper zufrieden. “Momentan habe ich ein sehr gutes Gefühl, ich glaube, es geht in die richtige Richtung”, so Halper und fügt hinzu, “die Leute freuen sich dermaßen, aber was ich auch beobachtet habe ist, dass sich die Menschen sehr an die Abstände halten.” So setzen sich viele, wenn auch gar nicht vorgeschrieben, auch beim Gang auf das WC den Mund-Nasen-Schutz auf. Seinen aktuellen Umsatz beziffert er zwischen 50 und 60 Prozent vom Normalgeschäft, aber natürlich schmerzt ihn die Sperrstunde 23.00 Uhr. Diese wird aber gut akzeptiert. “Im Großen und Ganzen bin ich mit der Sperrstunde zufrieden, ich hätte es viel schlimmer erwartet.” Aufgefallen sind ihm weniger verkaufte Mittags-Menüs und natürlich fehlen dem Gastronomen größere Gruppen. “Das fehlt uns extrem”, denkt er etwa an größere Geburtstagsfeiern.

“Lebensfreude ist noch nicht da”

In der Landgastwirtschaft Floh in Langenlebarn (NÖ) läuft das Geschäft bisher zur Zufriedenheit von Besitzer und Hauben-Koch Josef Floh. “Grundsätzlich dürfen wir uns nicht beschweren, wir sind eigentlich sehr zufrieden. Unter den gegebenen Umständen funktioniert es ganz gut”, erklärte der 48-Jährige am Freitag auf APA-Anfrage. Die Maßnahmen würden sehr genau angewandt und die Gäste seien zu 99 Prozent auch sehr diszipliniert. “Sie haben das eh schon verinnerlicht.”
“Zwischen 70 und 80 Prozent” des normalen Umsatzes hat das Restaurant erreicht und Floh weiß, dass er damit aktuell sehr gut bedient ist. “Ich weiß von anderen Betrieben, speziell in Wien, da ist es schwierig. Ich glaube, dass es am Land ein bisserl einfacher ist. Wir haben halt ‘0,003 Prozent’ Touristen-Anteil haben, das kommt uns jetzt zugute. Betriebe, die einen höheren Anteil haben, leiden sicher darunter.”

Angstmacherei ist größter Feind in der Gastronomie

Wie sich die Gäste fühlen, ist aber eine andere Sache. “Insgesamt hat die Regierung das ja jetzt lange Zeit gut gemacht, diese Angst geschürt”, sagt Floh und meint das ironisch. “Diese Lebensfreude ist einfach generell bei den Menschen noch nicht da.” Vor Kurzem sei er befragt worden, was er sich von der Regierung wünsche. “Ich wünsche mir kein Geld, keine Förderung, – das klingt frech -, aber das Einzige, was ich mir wünsche, ist positive Energie und Optimismus auszustrahlen.”
Die Leute seien alle verängstigt und unsicher. “Was zwei Monate in unsere Köpfe reingetrichtert worden ist, geht nicht von heute auf morgen weg. Das ist das Schlimmste an der ganzen Situation. Wir versuchen mit positiver Energie, die Leute fröhlich zu stimmen, das ist unsere wichtigste Aufgabe im Moment”, sagt Floh und fügt hinzu, “Diese Angstmacherei ist unser größter Feind in der Gastronomie.”

 
APA/Red

Gefällt Ihnen der Beitrag?
Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram
WhatsApp
Email
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner