Food-Trends: Wie schmeckt die Krise?

Hanni Rützler analysiert im „Food Report 2021“ die neuesten Trends und Entwicklungen der Food- und Gastronomiebranche – ganz im Zeichen der Corona-Krise: Welche Trends erweisen sich als krisenresilient?
© Nicole Heiling

Food-Expertin Hanni Rützler analysiert seit 25 Jahren den Wandel unserer Esskultur

Eines hat sich bestätigt: Nahrungsmittel sind ein Grundbedürfnis und die Ernährungsbranche systemrelevant. Der Beginn der Krise führte uns mehr als deutlich vor Augen, wie wesentlich Essen oder der Zugang zu selbigem für uns ist. Der diesjährige „Food Report 2021“ steht daher ganz im Zeichen krisenresilienter Konzepte: Die Lebensmittel- und Ernährungsbranchen sowie die Gastronomie sind heftig betroffene Märkte; globale Ketten wurden schlagartig unterbrochen, Restaurants mussten schließen. Umso mehr sind nun kreative Ideen gefragt: „Wir werden Food neu denken“, bringt es Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, in seinem Kommentar im Food Report auf den Punkt. 
Doch welche der uns bisher bekannten Trends werden in diesem Zusammenhang nun ausgebremst? Welche haben sich verstärkt und gibt es vielleicht völlig neue? Rützler geht der Frage nach und sieht viele Chancen: „Wir hatten das Virus zunächst vor allem mit Beschränkungen assoziiert. Was aber, wenn es sich letztlich als Beschleuniger des Wandels zu mehr Vielfalt erweist?“ Dabei spricht sie unter anderem die Agrobiodiversität an. Denn während die Gastronomie Einbußen verzeichnet und nun mit kreativen Lösungen experimentiert, profitiert der Lebensmitteleinzelhandel. In ihren Augen muss es hier zukünftig globale Änderungen geben. Momentan aber verschiebt sich gerade viel hin zu mehr Regionalität. Etwa sind bisher kaum beachtete lokale Erzeuger jetzt wieder gefragt, Bio-Produkte boomen, Selberkochen erlebt eine Renaissance und Lieferservice-Anbieter erfahren einen Aufwind. Letzteres bringt auch gleich den ersten Trend hervor: Ghost Kitchens. Sie verändern aktuell die Alltagsgastronomie. Denn der aktuelle Lockdown bringt wieder viele Menschen in der Branche dazu, die Ärmel hochzukrempeln und die Kreativität zu mobilisieren, Dinge einfach anzugehen, zu improvisieren, zu experimentieren. „Corona hat die Welt verändert. Nun gilt es, diese veränderte Welt aktiv zu gestalten – nach unseren Wünschen“, fasst es Hanni Rützler zusammen.

Ghost Kitchens – mehr als eine Überlebensstrategie

Restaurants ohne Gäste passen nicht in unser gewohntes Bild, vielmehr volle Gastgärten und ein geselliges Ambiente. In Ghost Kitchens, auch Dark Kitchens oder Silent Kitchens genannt, wird dagegen nur gekocht und nicht serviert. Dieses aus den USA stammende Konzept ist in europäischen Städten eher als Nische bekannt und an sich nichts Neues. Während der Krise waren aber gerade Food-Delivery-Angebote überlebenswichtig. Sie könnten auch nach Corona für viele Restaurants zu einem wichtigen Standbein werden, gar zu einer neuen Gastro-Normalität. Denn Essens-Plattformen entwickeln sich laut Rützler zum „Netflix und Spotify der Gastro-Branche“. Der Vorteil liegt vor allem in der Spontaneität und in der Einsparung der Fixkosten: Servicepersonal, Ausstattung und Gasträume sind nicht nötig. Hingegen sind laut der Expertin ganz neue Konzepte möglich: von Delivery-only bis zu virtuellen Restaurants, mit Erweiterungen als Pop-up-Kitchens, Streetfood-Trucks oder Catering-Unternehmen. 
Ob in Zusammenarbeit mit einer Plattform oder als Angebot auf der eigenen Webseite – Liefer- oder Abholservices erobern sich immer mehr Platz und werden die Gastronomielandschaft nachhaltig verändern. Vorausgesetzt, die Essenszustellung funktioniert und die Qualität der Speisen überzeugt, können Ghost Kitchens, neben der Genussküche, zu einem Teil der alltäglichen Esskultur werden.
Fakt ist: Der Delivery-Markt ist hart umkämpft – und die Machtverhältnisse zwischen Lieferservices und Restaurants werden neu verhandelt. Denn das bequeme und einfache Bestellen hat in der Zeit der Pandemie viele Fans dazugewonnen. Was auch die Zahlen und Prognosen laut Statista (2019) bestätigen: Der Umsatz im Segment Online Food Delivery wird 2020 etwa 120.826 Millionen Euro betragen. Laut Prognose wird im Jahr 2024 ein Marktvolumen von 161.473 Millionen Euro im Segment Online Food Delivery – Restaurant-to-Consumer Delivery und Platform-to-Consumer Delivery – erreicht; dies entspricht einem erwarteten jährlichen Umsatzwachstum von 7,5 Prozent (CAGR 2020-2024). Im Segment Platform-to-Consumer Delivery wird die Anzahl der Nutzer im Jahr 2024 laut Prognose 965,8 Millionen betragen und im Segment Restaurant-to-Consumer Delivery wird eine Nutzeranzahl im Jahr 2024 von 958,8 Millionen prognostiziert.
Einige Beispiele von erfolgreichen Lieferdiensten sind etwa Vertical Food (eatvertical.de), Delivery Hero HF Kitchens (honestfoodcompany.de), clubkitchen.at,
CloudKitchens (cloudkitchens.com), Deliveroo Editions (deliveroo.co.uk) und Rita bringt’s (ritabringts.at).
Von Elisabeth Klokar
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