Aus dem Schatten

Die Zeiten der unsichtbaren Köche sind lang vorbei. Alles über die "jungen Wilden".
© pixabay/marcelavillegas10

Die Zeiten der unsichtbaren Köche, versteckt hinter Flügeltüren mysteriöser Küchengemäuer, sind lang vorbei. Heute treten die „jungen Wilden“ im Fernsehen auf, präsentieren sich in den sozialen Medien und arbeiten direkt am Gast.
Nicht nur die Küche, sondern auch die Rolle der Köche hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Wer heute gehobene Gastronomie erleben möchte, muss sich nicht Sonntagszwirn und Designer-Abendkleid überwerfen. Die jungen Köche brechen mit verstaubten Traditionen und präsentieren sich als lebendiger Teil des Betriebs. Sie treten in die Fußstapfen des „Jahrhundertkochs“ Paul Bocuse, dem Miterfinder der „Nouvelle Cuisine“. Und interpretieren die von ihm etablierten Dogmen neu: die Verwendung regionaler Zutaten, die Integration neuer Techniken und die bewusste Wahl der Zubereitungsmethode. Sie gehen ihren Weg unbeirrt und reißen, falls nötig, Wände dafür ein. Stellvertretend stellen wir hier fünf Vertreter der jungen Generation vor.

Fabian Günzel, der „gerade Michl“

Der Wahlwiener Fabian Günzel hat in Österreich seine neue Heimat und kulinarische Werkstätte gefunden. Seinen Karriereweg startete der gebürtige Deutsche im 5-Sterne-Hotel Adlon Kempinski in Berlin. Es folgten weitere namhafte Adressen, bis er sich im Jahr 2007 entschied, nach Österreich zu kommen. Sein Können unter Beweis stellen konnte er zuerst im mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Gourmet-Restaurant Schlossstern in Velden. Nach etlichen weiteren Stationen eröffnete er im Jahr 2018 sein eigenes Restaurant „Aend“ im 6. Wiener Gemeindebezirk.
Gefallen an der Gastronomie fand Günzel früh. Von Leidenschaft würde er aber nicht sprechen. „Ich tu mir schwer, wenn Leute im Alter von 13, 14 oder 15 Jahren von irgendeiner Leidenschaft reden. Das ist, wie ich glaube, schwerer Bullshit“, sagt Günzel. „Der Anfang ist in jeder Branche hart. Man muss sich die Leichtigkeit erst verschaffen. Niemand kommt um die persönliche Findungs- und Entwicklungsphase herum. Erst dann kann man von Leidenschaft sprechen. Ich habe meinen Weg gefunden, und den ziehe ich durch.“

Neue Teller statt Hauben

Renommierte Wettbewerbe und prestigeträchtige Auszeichnungen stehen nicht auf der „to-do-list“ des Chefkochs. Für ihn zählt die Arbeit mit seinen Mitarbeitern und die Zufriedenheit der Kunden. 2019 stehen so weder Sterne noch Hauben auf der „Speisekarte“ des Wahlwieners. „Wer auf die Idee kommt, sein Jahr nach Auszeichnungen zu planen, der versteht nicht, worum es geht“, so der Jungkoch. „Natürlich möchte ich mich weiterentwickeln. Dafür brauche ich aber keine Wettbewerbsatmosphäre. Neue Teller kaufen oder die Weinkarte zu vergrößern, das ist mir wichtig. Ich koche nicht für Auszeichnungen, ich koche für meine Gäste.“
Seine Kreationen zeichnet die Kombination hochwertiger Produkte mit Schlichtheit aus. Die Gäste sollen keine Bauanleitung brauchen, um zu verstehen, worum es auf dem Teller geht. Ein Gericht der Speisekarte besonders hervorzuheben, widerstrebt Günzel, der nicht an das Konzept der so genannten „Signature Dishes“ glaubt.
„Ich finde, es ist nicht unsere Aufgabe, die eigene Küche zu bewerten. Das haben die Gäste zu tun“, argumentiert der Chefkoch. „Wichtig ist das Gesamtkonzept. Die Gäste können sich in fünf Jahren nicht mehr an ‚das eine Gericht‘ erinnern. Aber daran, ob es ein geiler Abend war. Ob sie ‚bummfett‘ waren, als sie nach Hause gekommen sind. Und nicht, ob der Gar-Punkt um zwei Grad genau getroffen wurde. Im Endeffekt können wir alle nichts Neues mehr erfinden. Das Kochen wurde schon 10.000 Mal neu erfunden.“
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